Der US-Amerikaner tschechischer Herkunft ist zweifacher Oscar-Preisträger
Obwohl er eine lebende Regie-Legende ist, reicht sein Bekanntheitsgrad gerade in den jüngeren Generationen nicht an die vieler seiner Kollegen heran. Dabei hat Forman weit mehr Beachtung verdient, auch wenn seine wohl größten Erfolge mehr als 20 Jahre zurückliegen. Bis heute liefert der Regisseur mit immer weniger werdenden, aber nach wie vor qualitativ hochwertigen Werken regelmäßig ein beeindruckendes Zeugnis seiner großartigen Fähigkeiten ab. So erwarten Fans und Kritiker mit größter Spannung auch sein nächstes, für Dezember 2008 geplantes Werk „Amarillo Slim“ mit Nicolas Cage in der Hauptrolle.
Die Jugend von Miloš Forman
Miloš Forman wurde am 18. Februar 1932 in Čáslav (in der damaligen Tschechoslowakei) unter dem Namen Jan Tomáš Forman geboren. Seine Kindheit wurde ihm wie seinem polnischen Kollegen Roman Polánski durch die Nationalsozialisten genommen. Formans Vater, ein jüdischer Architekt, antizipierte den deutschen Angriff auf Polen und setzte sich schon vorher nach Südamerika ab. Der erst 7jährige Miloš (bzw. Jan Tomáš) hingegen musste zusehen wie die Gestapo seine Mutter und seinen Stiefvater festnahm und deportierte – beide kamen später im Konzentrationslager Auschwitz um. Das Waisenkind Miloš lebte die nächsten 6 Jahre bei Verwandten und Freunden der Familie, nach Beendigung des Krieges besuchte er eine Internatsschule in Poděbrady. Schon damals, im zarten Alter von 13 Jahren, entwickelte sich der Wunsch im Filmgeschäft tätig zu werden.
Die ersten Filme von Miloš Forman
Forman setzte seinen Wunsch tatsächlich in die Realität um, studierte an der Filmhochschule in Prag. Seinen ersten Spielfilm bekam das tschechoslowakische Publikum 1964 zu sehen: „Der Schwarzer Peter“ (Originaltitel: Cerný Peter). Von Anfang an konnte man den eigene Stil von Forman erkennen, der eine stark komödiantische Ader hatte. Von der kommunistischen Regierung der Tschechoslowakei bekam Forman anders als von den nationalen und internationalen Filmkritikern keine positive Rückmeldung. Zu sehr erinnerte sein Stil an das (französische) „Cinéma vérité“, das einen hohen Grad an Selbstreflexivität und Provokation gegenüber der Materie auszeichnete – beides nicht passend für einen „kommunistischen Film“. Doch Forman provozierte weiter mit seinen Filmen, sah es nicht ein seinen Stil ändern zu müssen. So wurde sein dritter Kinofilm „Der Feuerwehrball“ (1968, O: Hoří, má panenko) in seiner Heimat verboten, da es in diesem Film um ein Fest geht, bei dem die zu starke Einmischung von Parteifunktionären alles durcheinander bringt.
Emigration in die USA
Im August des selben Jahres, 1968, befand sich Miloš Forman gerade in Paris und verhandelte über seinen ersten amerikanischen Films, als sich die Ereignisse in seiner Heimat überschlugen. Die tschechoslowakischen Kommunistischen Partei unter Alexander Dubček hatte seit dem Frühjahr versucht ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen, da die Öffentlichkeit der aktuellen Politik immer kritischer gegenüber stand. Dieser Versuch, der als „Prager Frühling“ Einzug in die Geschichtsbücher fand, wurde jedoch am 21. August 1968 gewaltsam durch einmarschierende Truppen des Warschauer Pakts niedergeschlagen. In der tschechoslowakei räumten die Kommunisten wieder gehörig auf und alle unbequemen Menschen wurden, wenn möglich, aus dem Land vertrieben. So behauptete das Filmstudio von Forman, der Regisseur habe das Land illegal, also ohne Erlaubnis der Kommunistischen Partei, verlassen, Forman war somit zur Emigration gezwungen. Der Regisseur zog in das Land der unbegrenzten (Film-)Möglichkeiten und drehte dort bald auch seinen ersten amerikanischen Film „Ich bin durchgebrannt“ (1971, O: Taking Off), der zur Verärgerung der Tschechoslowakei sofort der offizielle US-Beitrag der Filmfestspiele von Cannes wurde. 1975 nahm er schließlich sogar die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an, distanzierte sich somit vollends von seiner tschechoslowakischen Heimat.
Die Erfolgsstory
Im Jahr seiner Einbürgerung kam auch Formans „Einer flog über das Kuckucksnest“ (1975, O: One flew Over the Cuckoo’s Nest) mit einem genialen Jack Nicholson in die Kinos, ein Jahr später gewann er als erster Film der Geschichte der Academy Awards in allen fünf Hauptkategorien den Oscar: bester Film, beste Regie (Miloš Forman), bester Hauptdarsteller (Jack Nicholson), beste Hauptdarstellerin, bestes Drehbuch. Nicht nur deshalb gilt er heute als absoluter Klassiker, den jeder mal gesehen haben sollte, und taucht in so gut wie jeder Liste der besten Filme aller Zeiten auf. Die Erfolgsstory ging 1979 mit „Hair“ weiter, dem Kultmusical, das den Hollywood-Produzenten 2007 sogar ein Remake mit John Travolta (als Frau!!!), Michelle Pfeiffer und Christopher Walken wert war (unter dem Titel „Hairspray“).
Nach „Ragtime“ (1981) machte sich Forman an sein zweites absolutes Meisterwerk „Amadeus“ (1984). Bei den Academy Awards 1985 räumte das Biopic über Wolfgang Amadeus Mozart stolze acht Oscars ab! Neben dem Oscar für den besten Film, gewann erneut Forman als bester Regisseur sowie F. Murray Abraham (in der Rolle als Mozarts Widersacher Antonio Salieri) als bester Hauptdarsteller (bei einer weiteren Nominierung für Mozart-Darsteller Tom Hulce). Auch dieser Film gilt als einer der besten Filme aller Zeiten und ist ein absolutes Muss für jeden Filmbegeisterten. Nach einem weiteren Film, „Valmont“ (1989), war erstmal sieben Jahre Pause. Der auf die 70 zugehende Regisseur lässt sich in den letzten Jahren Zeit für seine weiteren Projekte, drehte in den letzten 15 Jahren lediglich 3 Filme, denen es jedoch keineswegs an Qualität fehlt. „Larry Flint – Die nackte Wahrheit“ (1996, O: The People vs. Larry Flynt) brachte ihm sogar eine erneute Nominierung als bester Regisseur bei den Acadmey Awards ein. Doch auch „Der Mondmann“ (1999, O: Man on the Moon) und „Goyas Geister“ (2006, O: Goya’s Ghosts) wurden von den Kritikern und Filmfans gleichermaßen gelobt.
Wissenswertes und Kurioses über Miloš Forman
Ehe und Kinder
Formans Ehen gingen fast fließend ineinander über. Seit 1999 lebt der Regisseur mit seiner dritten Ehefrau, Martina Zborilova, zusammen, mit der er trotz seines fortgeschrittenen Alters zwei Kinder hat (Zwillinge). Diese sind sogar älter als seine Enkelkinder! Forman hat mit seiner zweiten Ehefrau, Vera Kresadlová, mit der er von 1964 bis 1999 verheiratet war, bereits zwei Kinder (ebenfalls Zwillinge). Die erste Ehe mit Jana Brejchová dauerte nur vier Jahre, blieb kinderlos und wurde 1962 geschieden.
Jim Carrey
Als seine Zwillinge auf dem Weg waren, arbeitete Forman gerade an „Man on the Moon“, einem Biopic über Andy Kaufman (siehe # 4), weshalb der Regisseur ein Kind Andy nennen wollte. Das andere sollte Tony heißen, benannt nach einer Lieblingsfigur des Entertainers Kaufman. Da jedoch in der Zwischenzeit seine Enkeltochter geboren und Tony getauft worden war, entschied sich Forman für den Namen Jim – nach Jim Carrey, dem Kaufman-Darsteller in seinem Film! Dazu Forman: „When you choose names for your children, you want to name them after somebody you like very much, so the name will always ring beautifully in your ears. And that was how I felt about Jim Carrey.”
Filme
Seitdem Forman in Amerika wohnt (seit 1968) drehte er in fast 40 Jahren lediglich neun Filme, der für 2008 geplante „Amarillo Slim“ wäre sein zehnter. Nur alle vier Jahre ein Film – damit weist Forman ähnlich wie Kollege Stanley Kubrick eine Filmographie auf, die nicht für Quantität, dafür in beiden Fällen aber umso mehr für Qualität steht. Auffällig ist in Formans Filmographie, dass vier seiner Filme sogenannte Biopics sind, die vom Leben von kontroversen Künstlern handeln.
Biopics
Die Künstler in seinen vier Biopics sind das schlampige und verantwortungslose musikalische Genie Wolfgang Amadeus Mozart („Amadeus“), der amerikanische Verleger (u.a. des „Hustler“-Magazins) und Reizfigur der US-Öffentlichkeit Larry Flynt („Larry Flynt“), der kontrovers diskutierte amerikanische Entertainer und Performance-Künstler Andy Kaufman („Man on the Moon“) und der spanische Maler und Graphiker Franciso de Goya (Goyas Geister).
Professor
Forman ist Professor an der Columbia University und nimmt sich für seine Filmprojekte sogenannte Sabbatjahre.
Schauspieler
Forman hat auch in ein paar Filmen Nebenrollen angenommen, jedoch nie in eigenen und auch in keinen großen Produktionen. Der bekannteste dieser Filme ist wohl „Glauben ist alles!“ (2000, O: Keeping the Faith) mit Ben Stiller und Edward Norton.
Filmfestspiele in Cannes
Forman hat eine besondere Beziehung zu diesen Filmfestspielen, war 1972 Mitglied der Jury, 1985 sogar ihr Präsident.
Saul Zaentz
Mit dem Produzenten verbindet Forman eine ganz besondere Erfolgsgeschichte. Beide seiner Oscarprämierten Werke „One flew Over the Cuckoo’s Nest“ und „Amadeus“ wurden von Saul Zaentz produziert.
Olympia 1972
Nach den Anschlägen auf die israelischen Athleten bei den Olympischen Spielen 1972 in München war Forman einer von acht Regisseuren, die einen Beitrag in Form einer Filmsequenz für „München 1972 – 8 berühmte Regisseure sehen die Spiele der XX. Olympiade“ (1973: O: Visions of Eight).
Lieblingsfilme
Zu den erklärten Lieblingsfilmen des Regisseurs zählen Charlie Chaplins Lichter der Großstadt (1931, O: City Lights), Orson Welles Citizen Kane (1941), Kinder des Olymp (1945, O: Les enfants du paradis), Miracolo a Milano (1951), Giganten (1956, O: Giant) mit Elizabeth Taylor, Rock Hudson und James Dean, Der Pate (1972, O: The Godfather), Amarcord (1973), Richard Dreyfuss American Graffiti (1973), The Deer Hunter (1978) mit Robert de Niro und Martin Scorseses Wie ein wilder Stier (1980, O: Raging Bull), ebenfalls mit Robert de Niro.
Filmographie
Miloš Formans Filme ab 1971
Ich bin durchgebrannt (1971, O: Taking Off)
Einer flog über das Kuckucksnest (1975, O: One flew Over the Cuckoo’s Nest)
Hair (1979)
Ragtime (1981)
Amadeus (1984)
Valmont (1989)
Larry Flynt – Die nackte Wahrheit (1996, O: The People vs. Larry Flynt)
Der Mondmann (1999, O: Man on the Moon)
Goyas Geister (2006, O: Goya’s Ghosts)